Spendenbrief 2022
Liebe Pidecafé-Freundinnen und Freunde,
Wir möchten uns zunächst für ihre großartige Spendenbereitschaft sehr herzlich bedanken und Ihnen einen Überblick über die Entwicklung in Perù und unserer Projektarbeit geben..
Situation in Perù
Im letzten Spendenbrief haben wir unsere Hoffnung darüber zum Ausdruck gebracht, die neue Regierung in Peru könnte im Hinblick auf die Armutsbekämpfung und Wirtschaftsreformen zu Gunsten der Landwirtschaft, des ländlichen Raums und dessen marginalisierten Bevölkerung etwas zum Positiven bewegen. Leider herrscht zwischenzeitlich in Peru eine politische Total-Blockade und die Amtsenthebung des Präsidenten Pedro Castillo scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Es scheint manchmal verwunderlich, dass der wirtschaftliche Betrieb im Land relativ geräuschlos weiterläuft, die Wirtschaft weiterhin „wächst“ und eine Art Gewöhnungseffekt an die Dauerkrise im Land auftritt.
Wie weltweit, haben die Spannungen zwischen Arm und Reich, Stadt und Land und zwischen den Ethnien zugenommen. Peru kommt auch weiterhin nicht über die Rolle eines Agrarexport-Staates und eines billigen Rohstofflieferanten hinaus. Das Lieferkettengesetz, das für die Produktionsgrundlagen im Herstellerland Kriterien für Arbeits- und Menschenrechte sowie Umweltschutz beinhaltet, würde hierbei stark weiterhelfen. Leider scheint es so, dass ein wirksames kontrollierbares Lieferkettengesetz in die Ferne rückt, seit die Welt, und vor allem Europa mit anderen Problemen, wie dem Krieg in der Ukraine und Covid zu kämpfen hat.
Dadurch gewinnt die Projektarbeit einen umso höheren Stellenwert, da hier wenigstens bei begrenzten Projekten der Nachweis geführt wird, dass es auch ohne Ausbeutung von Menschen und Natur funktioniert, Lebensmittel wie Kaffee, Kakao oder Rohrzucker zu produzieren und zu exportieren. Über 10.000 Bauernfamilien können so von ihrer Arbeit menschwürdig leben und verfügen über eine langfristige Einkommens- und Lebensperspektive.
Im Jahr 2023 planen wir wieder eine Projektreise ins Kaffeeanbaugebiet von PIDECAFÉ. Wir sind auf die Fortschritte in der Projektregion Huarmaca gespannt, wo wir derzeit 14 Dörfer mit 347 Familien unterstützen. Wir möchten aber auch Kaffeedörfer besuchen, die schon längst nicht mehr von der Projektarbeit abhängig sind, sondern wo die Familien von ihren Produkten leben können, die zu fairen Preisen vermarktet werden. Was hat sich in diesen Familien ökonomisch, von der Lebens- und Bildungssituation her getan ? Ist es messbar, ob Projektarbeit und fairer Handel hier Gutes und Sinnvolles bewirkt haben ? Sind die Familieneinkommen spürbar gestiegen ? Ist die Partizipation der Dorfbevölkerung in Gesellschaft und Politik gewachsen ? Wir sehen es hierbei als Vorteil an, dass wir die Region nun schon 30 Jahre lang mit Projekten und Vermarktung begleiten. Somit ist ein Vergleich möglich.Unsere Partnerorganisation PIDECAFÉ-Progreso arbeitet seit Juli 2020 wieder vor Ort in den Kaffeedörfern und führt dort Beratungen und Workshops mit den Kleinbauernfamilien durch.
PIDECAFÉ-Progreso
Finanzielle Situation
Nachdem wir im Jahr 2020 das große Kooperationsprojekt mit dem BMZ erfolgreich beendet und abgerechnet haben, sowie kleinere Überbrückungs-Projekte in den Kaffeedörfern im Distrikt Huarmaca finanziert hatten, stecken wir nun seit September 2020 wieder mitten in einem auf über drei Jahre bis mindestens Ende 2023 konzipierten „Projekt der 14 Dörfer“ im Distrikt Huarmaca mit der NRO (Nichtregierungsorganisation) Progreso-Pidecafé. Progreso hat uns ein Projektvolumen von über 192.000 USD für diesen Zeitraum vorgelegt. Bislang sind in diese Projektarbeit gut 100.000 € seit September 2020 geflossen. Was uns derzeit etwas Sorgen macht ist der Dollar-Euro-Kurs, der sich stark zu Ungunsten des Euro verändert hat und unsere Projektarbeit verteuert. Teilweise war in den letzten Wochen der Euro weniger wert als der Dollar. Wir haben dieses Projekt bewilligt, das aber komplett durch Eigenfinanzierung mit Spenden und Beiträgen aus Weltläden und Solidaritätsgruppen geschultert werden muss. Im Jahr 2023 sollen laut Projektplanung 60.036 € investiert werden. Wir gehen davon aus, dass die Projektarbeit auch in das Jahr 2024 hineinreicht. Hierbei sind wir zu hundert Prozent auf Spenden angewiesen, da wir hierfür keine anderen Geldgeber haben. Das Projekt muss also von Einzelspenden und Beiträgen aus den Überschüssen von Weltläden aus Baden-Württemberg getragen werden. Zu Gute kommt uns, dass wir bis zum Jahr 2020 auf eine hohe Anteilsfinanzierung bauen konnten und somit nun verstärkt Eigenmittel einsetzen können. Ansonsten hätten wir eine Zusage zum aktuellen Projekt gar nicht verantworten können. Allerdings sind nun die Reserven zunehmend aufgebraucht.Die Projektarbeit in Huarmaca
In den sieben Dörfern Aguapite, Trigopampa, La Playa, Maza, Pirga, Casahuay und Mululo werden bei 127 Familien Grundlagen-Projekte durchgeführt. Hierbei geht es vor allem um den Anbau von Gemüse in den „Biohuertos“, um Kleintierzucht, verbesserte Kochherde und die Aufforstung an den Steilhängen und in den Dörfern selbst. In den sieben weiteren Dörfern, La Rinconada, Succhirca, Victor Raúl, Sahuatirca, Yamalan, Silauhin und San Martín ist die Projektarbeit mit Maria Villegas als Projektleiterin schon weiter gegangen. Hier geht es um den Bio-Kaffeeanbau und in drei der Dörfer auch um den Anbau von Zuckerrohr, um die Familieneinkommen zu verbessern. Dazu gehört der Anbau in Mischkulturen, die Anzucht von Beschattungspflanzen für den Kaffee und die Technifizierung der Bewässerung. Wenn bestimmte Ertrags- und Qualitätskriterien erreicht sind, wird die Aufbereitung des Kaffees und des Rohrzuckers im Mittelpunkt stehen, um an den fairen Markt anzudocken. Die gesamte Projektdauer wird durchschnittlich sechs Jahre betrage, um spürbare Verbesserungen in den Lebens- und Produktionsbedingungen zu erreichen.Situation bei der Vermarktung
Die Genossenschaft NORANDINO, die mit PIDECAFÉ-Progreso verbunden ist und die Vermarktung übernimmt, hat uns einen ausführlichen Bericht über die Export- und Preissituation des Jahres 2021 vorgelegt. So wurden im letzten Jahr 5.595 Tonnen Rohkaffee vermarktet (Steigerung ca. 8 % im Vergleich zum Vorjahr), davon 2.311 Tonnen nach Deutschland zu drei verschiedenen Marktpartnern. An die GEPA gingen 155 Tonnen, über die ja die meisten Weltläden in Baden-Württemberg ihren fair gehandelten Pide-Kaffee beziehen. Für 60 % der Gesamtmenge wurden Preise für Fairtrade mit Biozertifizierung bezahlt. Für 9,8 % des Kaffees konnten noch Zuschläge nach dem SSP-Zertifikat (Sello Pequeños Productores) erreicht werden. Es handelt sich hier um Kleinbauern-Kaffee im eigentlichen Sinne, was die Größe der Parzellen und die Eigentumsverhältnisse betrifft. Diese Zertifizierung gilt eigentlich für den gesamten PIDE-Kaffee, nicht alle Marktpartner jedoch honorieren dies. Insgesamt ist festzustellen, dass jedes Empfängerland und jeder Marktpartner mit seinen eigenen Labeln und Anforderungen operiert und somit sich NORANDINO immer auf die jeweiligen Kriterien einstellen muss. Dass die Preise aber immer deutlich über den Weltmarktpreisen liegen und gleich nach der Ernte oder auch schon davor ausbezahlt werden, ist auf jeden Fall gesichert. Ebenso konnten 1162 Tonnen aufbereiteter Rohrzucker über den fairen Handel abgesetzt werden. Der Rest wurde über den Inlandmarkt verkauft. Beim Zucker gehen nur kleine Mengen nach Deutschland (3 %), Hauptabnehmer sind Fairhandels-Organisationen aus Italien und Frankreich. Die faire Kakao-Vermarktung über NORANDINO wurde ebenfalls erfolgreich aufgebaut und es konnten im Jahr 2021 bereits 540 Tonnen fair gehandelte Kakaobohnen exportiert werden. Davon gingen immerhin schon 16 % der Ernte nach Deutschland. Hauptabnehmer ist Frankreich mit 36 %. Auch konnten schon fast 50% der Kakaoernte mit dem Bio- und Fairtraide-Siegel vermarktet werden. Nur ein kleiner Anteil von 7 % musste noch zu konventionellen Preisen auf dem Weltmarkt verkauft werden. Wir befürworten sehr die Risikostreuung durch die Diversifizierung der angebauten und exportierten Produkte, da die Ernten niederschlags-, schädlings- und klimabedingt bei den einzelnen Anbaukulturen sehr unterschiedlich ausfallen. Es bleibt eine Herausforderung, dass trotz der Klima-Krise und der vielfältigen politischen Krisen in Peru der PIDE-Kaffee, aber auch Rohrzucker und Kakao über den fairen Handel erfolgreich vermarktet werden. Durch den Kauf von Fair-Handels-Produkten im Tuttlinger Weltladen unterstützen Sie die Idee des fairen Handels und ermutigen die Produzenten in den Erzeugerländern.Minen im offenen Tagebau – Problem für Öko-Anbau
Nach wie vor stellt vor allem die geplante Edelmetall-Mine Rio Blanco im Distrikt Ayabaca eine Gefahr für die Landwirtschaft und das Trinkwasser dar. Eine chinesische Rohstofffirma hat die Konzession für die Schürfrechte erworben und versucht gegen den Widerstand der Bevölkerung, die Errichtung der Mine im offenen Tagebau durchzusetzen. Das Netzwerk-Bergwerk, eine NRO, die sich gegen die Ausbeutung von Edelmetall-Minen im offenen Tagebau in Nordperu wendet, unterstützten wir 2022 auch mit 10.000 €. Damit soll die Zerstörung der ökologischen Landwirtschaft im Pidecafé-Anbaugebiet und in Tambogrande, wo solche Minen geplant sind, entgegengewirkt werden. Nun möchten wir Ihnen noch einmal ganz herzlich für Ihre Spenden bedanken, die es uns in den letzten Jahren ermöglicht haben,
die verschiedenen Projekte in Perù zu verwirklichen und bitten Sie, unsere Arbeit auch weiterhin durch Ihre Spenden zu unterstützen.
Bitte unterstützen Sie unsere Projekte auch in diesem Jahr!
Wir wünschen Ihnen eine schöne Weihnachtszeit und
ein gutes, friedliches und vor allem gesundes Jahr 2o23